Fünftägige Motorradrundreise durch Slowenien
Eines gleich vorweg: Schotterwege muß man in Slowenien nicht suchen, einfach treiben lassen und sie kommen auf einen zu.
Die Recherche im Internet spuckte den 1673 m hohen Stol, einen Berg Nahe der italienischen Grenze aus. Sehr viel mehr war über ungeteerte Wege in Slowenien nicht zu finden.
Die Landkarten im 200.000er Maßstab zeigten dann aber doch jede Menge kleiner Strässchen die der Teerwut der Strassenbauer bisher entkommen waren.
Anfahrt wie immer über Paß Thurn, Gailbergsattel und Plöckenpass. Dauerregen mit Unwettercharakter ab dem Tauerntunnel bis kurz vor Tolmezzo.
Bis dahin auch Motorradfahrer in Massen. Nach Tolmezzo schlagen wir uns in die Büsche, will heißen, kleine Strässchen und Schotterwege sind ab jetzt unser Terrain.
Das Valle di Resia ist autofrei, weil eigentlich gesperrt, aber mit den Enduros befahrbar. Wir geniessen die Sonne, die Ruhe und die verlassenen Strassen.
Dann, am späten Nachmittag der Stol. Die im weltweiten Netz als schwierig beschriebene Nordauffahrt entpuppt sich als Schotterweg, der auch von Großenduros jederzeit zu befahren ist. Oben auf der Passhöhe herrliche Fernsicht und Einsamkeit.
Die Abfahrt auf der Südflanke sieht von oben sehr spektakulär aus, ist aber einfach zu befahren.
An einem kleinen Nebenfluss der Soca schlagen wir uns ins Dickicht und auch gleich unser Nachlager unter freiem Himmel auf. Das Wasser ist glasklar, die Forellen springen und außer dem Rauschen des Flusses hört man gar nichts.
Am nächsten Morgen nehmen wir die Strassen und Wege im Grenzgebiet zwischen Italien und Slowenien unter die Stollen. Mal Teer, mal Schotter aber fast immer autofrei geht es einmal auf der einen, dann auf der anderen Seite der Grenze Richtung Nova Gorizia. In den kleinen Dörfern scheint die Zeit stehen geblieben zu sein und auf über 160 km gibt es keine Tankstelle und keinen Supermarkt. Und dies mitten in Europa.
Nur die kleinen Dorfläden, zugleich auch meist die Dorfkneipe, stellen die Versorgung der Menschen hier sicher.
Von Nova Gorizia aus fahren wir Richtung Lokve und Cal. Zuerst schöne Kurvenhatz auf der griffen Teerstrasse, nach Lokve dann wieder Schotter bis Predmaja. Unsere Begeisterung kennt keine Grenzen und wir ärgern uns, dass wir nicht schon früher nach Slowenien gefahren sind.
Bei Podkraj wieder rechts ab in die Wälder und auf schattigen Schotterpisten zur Burg nach Predjama, die wir eigentlich nur zufällig entdecken. Keine Zeit für Kultur verschwenden, wenn man so schöne Strassen fast für sich alleine hat. Andere Motorradfahrer treffen wir übrigens immer nur auf den Hauptstrecken.
Am späten Nachmittag begehen wir den Fehler noch kurz im Meer baden zu wollen und wir machen uns auf nach Koper. Wir gondeln bei dreissig Grad Hitze im Konvoi die Küstenstrasse entlang und landen auf einem Campingplatz an der Grenze, jedoch auf italienischer Seite. Die Preise reißen ein Loch in unser Budget und die nächsten drei Tage ist Schmalhans Küchenmeister.
Von Koper geht's die Hauptstrasse Richtung Rijeka nach Süden. Bei Podgrad fahren wir links ab nach Ilirska Bistrica. Wir wollen ins Grenzgebiet zu Kroatien und dort durch die fast unberührten Wälder fahren.
Wir fahren so lange auf den Schotterwegen herum bis wir laut GPS die grüne Grenze zu Kroatien bereits überschritten haben. Niemand ist da um uns zu kontrollieren und so bekommen wir einen Eindruck einer Aussengrenze von Schengenland die löchrig ist wie ein Sieb. Später erfahren wir, dass die Gegend bekannt ist für Schmugglereien aller Art und auch viele Flüchtlinge hier über die grüne Grenze nach Europa einsickern.
Nach fast 100 km Schotter erreichen wir die Karstseen des Cerniska jezero. Baden ist nicht und so fahren wir weiter nach Rakov Scojan. Hier gibt es einen Canyon und eine natürliche Felsbrücke über diesen.
Die Nacht verbringen wir im kühlen Wald nicht ohne uns vorher mit ausreichend Bier für den gemütlichen Teil des Abend eindeckt zu haben.
Der nächste Tag bringt 315 km auf kleinen Strassen, die immer wieder durch Schotterpassagen aufgewertet werden. Vhrinka, Gorenja vas, Zolezniki sind für uns fast unausprechbare Namen und wir schämen uns, noch nicht einmal einen Grundwortschatz slowenisch zu beherrschen. Vom Triglav Nationalpark aus fahren wir nach Kranjska Gora um die 50 Spitzkehren und die unendliche Zahl an Kurven bis Bovec zu geniessen.
Dieser Pass steht den großen Alpenpässen weiter westlich in nichts nach, außer dass um diese Jahreszeit keine Wohnmobile und Holländer mit Wohnwägen unterwegs sind.
Weiter unten im Tal treffen wir wieder auf die smaragdgrüne Soca, die sich, wild gebärdend, ihren Weg durch die Berge Sloweniens bahnt.
Der Lago di Predil kommt uns in diesen heißen Tagen ganz recht und wir pflügen durch das Flussbett bis ans Ufer und stürzen uns in die eiskalten Fluten. So abgekühlt, fahren wir noch bis zur Passhöhe am Nassfeldpass. Dort verbringen wir die Nacht am See und geniessen noch einmal den Sternenhimmel.
Ab jetzt steht Slowenien fest auf dem jährlichen Tourenplan.
Jürgen Groll, www.motorrad-reisen-online.de