Auf Besuch bei Michelangelo und Leonardo da Vinci - Eine Winter-Motorradtour durch die Toskana

Es ist der dritte Januar und wir sitzen bei herrlichem Sonnenschein und 14°C auf unseren Motorrädern. Noch nicht einmal 800 Km südlich von München erleben wir unseren ersten Frühling des Jahres 2005. Hier in der Toskana wollen wir die neue Motorradsaison ausgiebig eröffnen.
Unser Ausgangspunkt ist der wunderschöne Campingplatz „Michelangelo“ im Herzen von Florenz. Gleich unterhalb der Piazzale Michelangelo gelegen, hat man einen sagenhaften Blick über die Stadt und ihre Baudenkmäler. Ich geniesse es nach der morgendlichen Dusche aus dem Waschraum zu treten und auf die Stadt hinunter zu schauen. Gleich oberhalb des Campingplatzes liegt die bereits erwähnte Piazalle Michelangelo. Und dort steht er, der David, den Michelangelo erschaffen hat und der nun so anmutig inmitten des Platzes voller Touristen, Autos und zwei deutschen Motorradfahrern steht. Der Ausblick ist noch besser wie vom Campingplatz aus. Die Fotografen würden sagen, dies ist ein „best point to take a picture“-Platz.

Die Kirche Santa Croce in Florenz

Die Motorräder haben wir auf einem speziellen Motorradtransportanhänger hierher geschafft. Als Zugfahrzeug und gleichzeitig Übernachtungsmöglichkeit dient uns ein Wohnmobil auf Fiat-Ducato Basis.

Die Anreise haben wir während der Nacht mit einer kleinen Schlafpause hinter uns gebracht und so können wir den ersten Tag gleich für die Erkundung der Stadt nutzen.
Obwohl ich schon einmal in Florenz war, faszinieren mich die ehrwürdigen Bauten auch dieses Mal. Wir werfen uns in unsere Kluft, laden die Motorräder vom Anhänger und fahren durch die Stadt. Neben hunderten von Motorrollern sind nur wenige Motorräder unterwegs und um diese Jahreszeit schon gar keine mit deutschen Nummernschildern.



Wir üben auch unser zweites Hobby, das Photographieren aus und raufen mit den japanischen Touristen um die besten Plätze für die schönsten Kameraeinstellungen. Mit unseren schweren klobigen Spiegelreflex-Kameras sehen wir neben den Japanern mit ihren Mini-Digicams wie die Dinosaurier aus. Es fehlt eigentlich nur noch die Motivsuchklingel. Scherz beiseite, das Ergebnis kann sich sehen lassen und bisher habe ich es noch nicht bereut nicht auf Digital umzustellen.

Der nächste Tag bringt eine Fahrt durch die Toskanischen Hügel nach San Gimignano. Wir verlassen die Hektik des Florentinischen Strassenverkehrs und nach wenigen Kilometern kurven wir über schmale einsame Landstrassen. Immer wieder müssen wir anhalten um Photos zu machen, über die Schönheit der Landschaft zu schwärmen oder in einer Bar ein Bierchen oder einen Capuccino zu trinken.

In San Gimignano drücken wir uns die Nasen an den Delikatessen-Läden platt. Nur die dürftige Ausstattung unserer Finanzen und die recht saftigen Preise hindern uns daran die Motorräder mit Unmengen von Schinken, Würsten, Oliven, Käse und Weinen zu überladen.
A propos Weine, die schweren vollmundigen Rotweine der Chianti-Region verführen uns ständig und wir sind ihnen willenlos ausgeliefert. So gibt es zum selbstgebratenen cotoletta in Rotweinsauce gleich den Rest der Flasche pur und wenn notwendig eine zweite hinterher.
Als nächstes Ziel reizt uns Pisa. Auf dem Rasen des Campo dei Miracoli lassen wir uns häuslich nieder und pickniken ersteinmal ausgiebig.



Solch herrliche romanische Baukunst kann man nicht mit leerem Bauch bewundern. Auch die richtigen Photoeinstellungen müssen erst in aller Ruhe studiert werden. Wir amüsieren uns über die japanischen Touristen und sind vollauf damit beschäftigt, japanische Eheleute und Liebespaare vor dem Schiefen Turm abzulichten. Am Schluß machen auch wir ein paar Photos und verabschieden uns Richtung Meer. Erst 120 Km südlich von Marina di Pisa gibt es die ersten freien Strandabschnitte und wir übernachten auf einem eher hässlichen Stellplatz bei Populonia. Erst am nächsten Morgen erkennen wir die Schönheit der Landschaft hier. Wir schlendern durch das alte Dorf, trinken Tee und Capuccino, schreiben Ansichtskarten und geniessen die Sonne.
Kurz darauf packt mich die Lust und ich lade die Dominator ab. Nach einem schweißtreibenden Abstecher an den menschenleeren, wunderschönen Strand schlage ich mich auf kleinen Sträßchen quer durch die Toskana.



Mit Volker, meinem Begleiter, ist als Treffpunkt wieder der Campingplatz in Florenz vereinbart. Eigentlich will ich kleine Straßen und vielleicht sogar ein paar Schotterstrecken fahren, aber selbst auf den Hauptstrassen ist so gut wie kein Verkehr und ich bleibe auf der kurvigen Hauptstrasse und nehme nur ein paar Abkürzungen. Kurve über Kurve tut sich vor mir auf und es ist ein wahrer Genuss!
Höhepunkt ist die Auffahrt zum Städtchen Volterra, “Vola terrae“ – die hoch über dem Land Liegende. Serpentinen führen zu dem auf der Spitze eines Hügels liegenden Städtchen. Nach jeder Kurve ballert der Einzylinder kräftig los und donnernde Fehlzündungen beschert mir das Anbremsen vor jeder Kurve. Nach knapp 200 Kilometern bin ich wieder in Florenz.



Leider vergeht die Zeit viel zu schnell und wir laden die Motorräder auf und fahren Richtung Brenner. Das herrliche Frühlingswetter verleitet uns zu einem Abstecher an den Gardasee und wir fahren per Motorrad und Wohnmobil an der Ostseite des Gardasees entlang.



Die Sonne scheint, es hat 12°C und die Bergspitzen sind schneebedeckt. Motorradfahrerherz was willst du mehr. Zuerst fährt Volker von Bardolino bis Riva, ich begnüge mich mit der halben Strecke. Kurz bevor es Dunkel wird, laden wir die Motorräder auf und fahren Richtung Heimat.


Jürgen Groll, www.motorrad-reisen-online.de

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